Bilateral Dialogues: Rome, October 1967
Paul VI – Athenagoras
Gemeinsame Erklärung des Papstes Paul VI. und des Patriarchen Athenagoras I. in Rom
28. Oktober 1967
Papst Paul VI. und der Ökumenische Patriarch Athenagoras I. danken im Heiligen Geist Gott als dem Urheber und Vollender jedes guten Werkes, dass er ihnen ermöglicht hat, sich erneut zu begegnen, und zwar in der heiligen Stadt Rom, um gemeinsam mit den Bischöfen der Synode der Römisch-Katholischen Kirche und dem gläubigen Volk dieser Stadt zu beten, einander mit dem Friedenskuss zu grüßen und im Geist der Liebe und des brüderlichen Freimuts miteinander zu sprechen.
Sie erkennen durchaus an, dass zur Einheit aller Christen noch ein weiter Weg zurückzulegen ist und dass zwischen der Römisch-Katholischen und der Orthodoxen Kirche noch Punkte zu klären und Hindernisse zu überwinden sind, bevor man zur Einheit im Glaubensbekenntnis gelangt, die zur Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft notwendig ist. Sie freuen sich aber darüber, dass ihre Begegnung dazu beitragen konnte, dass ihre Kirchen sich noch mehr als Schwesterkirchen wiedererkennen. In ihren Gebeten, öffentlichen Erklärungen und privaten Gesprächen haben der Papst und der Patriarch ihre Überzeugung betonen wollen, dass ein wesentlicher Beitrag zur Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft zwischen der Römisch-Katholischen und der Orthodoxen Kirche in der Erneuerung der Kirche und der Christen zu sehen ist, in der Treue zu den Traditionen der Väter und zu den Eingebungen des Heiligen Geistes, der immer mit der Kirche ist.
Sie erkennen an, dass der wahre Dialog der Liebe, der die Grundlage aller Beziehungen zwischen ihnen und ihren Kirchen sein muss, notwendigerweise von einer totalen Treue zum einen Herrn Jesus Christus in gegenseitiger Achtung der ihnen eigenen Traditionen wurzeln muss. Jedes Element, das die Bande der Liebe, der Gemeinschaft und der Zusammenarbeit stärken kann, ist Anlass zu geistiger Freude und muss gefördert werden. Was dieser Liebe, Gemeinschaft und Zusammenarbeit schaden kann, muss mit der Gnade Gottes und mit der schöpferischen Kraft des Heiligen Geistes aus dem Weg geräumt werden.
Papst Paul VI. und der Ökumenische Patriarch Athenagoras I. sind überzeugt, dass der Dialog der Liebe zwischen ihren Kirchen Früchte der selbstlosen Zusammenarbeit bringen muss, auf der Ebene eines gemeinsamen Handelns im pastoralen, sozialen und intellektuellen Bereich, in gegenseitiger Respektierung der Treue zur eigenen Kirche auf der einen wie auf der anderen Seite. Sie wünschen, dass es zu regelmäßigen und tiefgehenden Kontakten zwischen katholischen und orthodoxen Priestern kommt, zum Wohl ihrer Gläubigen. Die Römisch-Katholische Kirche und das Ökumenische Patriarchat sind bereit, konkrete Wege zu studieren, um die pastoralen Probleme zu lösen, insbesondere hinsichtlich der Ehen zwischen Katholiken und Orthodoxen. Sie wünschen eine bessere Zusammenarbeit in den Werken der Liebe, in der Hilfe für die Flüchtlinge und für jene, die leiden, sowie in der Förderung der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt.
Damit fruchtbare Kontakte zwischen der Römisch-Katholischen Kirche und der Orthodoxen Kirche in die Wege geleitet werden können, geben der Papst und der Patriarch ihren Segen und ihre pastorale Unterstützung jeglichem Bemühen um Zusammenarbeit von katholischen und orthodoxen Professoren auf dem Gebiet des Geschichtsstudiums, des Studiums der Traditionen der Kirchen, der Patristik, der Liturgie und einer Darlegung des Evangeliums, die der authentischen Botschaft des Herrn entspricht und zugleich den Bedürfnissen und den Hoffnungen der heutigen Welt entgegenkommt. Der Geist, der diese Anstrengungen beseelen muss, ist ein Geist der Loyalität gegenüber der Wahrheit und des gegenseitigen Verständnisses in dem echten Wunsch, den Groll der Vergangenheit sowie jede Art von geistiger oder intellektueller Vorherrschaft zu vermeiden.
Paul VI. und Athenagoras I. erinnern die Autoritäten der Nationen und alle Völker der Welt daran, dass die Menschen in ihrem Herzen nach Frieden und Gerechtigkeit dürsten. Im Namen des Herrn flehen sie sie an, alles zu versuchen, um diesen Frieden und diese Gerechtigkeit in allen Ländern der Welt zu fördern.