Bilateral Dialogues: Rome/Venice 2002
John Paul II – Bartholomaios
Gemeinsame Erklärung von Papst Johannes Paul II. und dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus I.
Rom / Venedig, 10. Juni 2002
Im Geiste des Friedens haben wir uns heute hier zum Wohl aller Menschen und zum Schutz der Schöpfung versammelt. In diesem Augenblick der Geschichte, zu Beginn des dritten Jahrtausends, sehen wir betrübt das durch Gewalt, Unterernährung, Armut und Krankheit verursachte tägliche Leid zahlreicher Menschen. Große Sorgen bereiten uns auch die negativen Auswirkungen auf die Menschheit und die gesamte Schöpfung, hervorgerufen durch die Zerstörung einiger grundlegender natürlicher Ressourcen wie Wasser, Luft und Erde. Ihre Ursachen liegen in einem wirtschaftlichen und technologischen Prozess, der seine eigenen Grenzen weder erkennt noch in Betracht zieht.
Der Plan des allmächtigen Gottes war eine von Schönheit und Harmonie geprägte Welt, die Er erschuf und gänzlich zum Zeichen seines Friedens, seiner Weisheit und seiner Liebe machte (vgl. Gen 1, 1–25).
In den Mittelpunkt der gesamten Schöpfung stellte Er uns, die Menschen, mit unserer unveräußerlichen menschlichen Würde. Obwohl wir zahlreiche Merkmale mit anderen Lebewesen teilen, tat der allmächtige Gott jedoch weit mehr für uns, indem er uns eine unsterbliche Seele gab, die Quelle von Selbsterkenntnis und Frieden, das, was uns zu seinem Abbild und ihm ähnlich macht (vgl. Gen 1, 26–3; 2, 7). Als sein Ebenbild stellte Gott uns in die Welt, um mit ihm gemeinsam immer vollkommener den göttlichen Schöpfungsplan zu verwirklichen.
Zu Anfang der Geschichte haben Mann und Frau gesündigt, indem sie Gottes Gebot missachteten und seinen Schöpfungsplan zurückwiesen. Zu den Folgen dieser ersten Sünde gehörte die Zerstörung der ursprünglichen Harmonie der Schöpfung. Wenn wir jene soziale und ökologische Krise eingehend untersuchen, mit der sich die globale Gemeinschaft auseinandersetzen muss, kommen wir zur Erkenntnis, dass wir den Auftrag des Herrn, als Verwalter Gottes mit ihm in Heiligkeit und Weisheit über die Schöpfung zu wachen, noch immer missachten.
Gott hat die Welt nicht aufgegeben. Er will, dass sich sein Heilsplan und unsre Hoffnung auf ihn durch unser Mitwirken bei der Wiederherstellung der ursprünglichen Harmonie verwirklicht. In unserer heutigen Zeit erkennen wir ein zunehmendes ökologisches Bewusstsein, das gefördert werden muss, damit es zu konkreten Programmen und Initiativen führen kann. Das Wissen um die Beziehung zwischen Gott und den Menschen vermittelt ein umfassenderes Verständnis von der Bedeutung der Beziehung zwischen dem Menschen und der natürlichen Umgebung, die Gott geschaffen und uns anvertraut hat, damit wir sie in Weisheit und Liebe bewahren (vgl. Gen 1,28).
Gott hat die Welt nicht aufgegeben. Er will, dass sich sein Heilsplan und unsere Hoffnung auf ihn durch unser Mitwirken bei der Wiederherstellung der ursprünglichen Harmonie verwirklicht. In unserer heutigen Zeit erkennen wir ein zunehmendes ökologisches Bewusstsein, das gefördert werden muss, damit es zu konkreten Programmen und Initiativen führen kann. Das Wissen um die Beziehung zwischen Gott und den Menschen vermittelt ein umfassenderes Verständnis von der Bedeutung der Beziehung zwischen dem Menschen und der natürlichen Umgebung, die Gott geschaffen und uns anvertraut hat, damit wir sie in Weisheit und Liebe bewahren (vgl. Gen 1, 28).
Die Achtung vor der Schöpfung gründet auf der Achtung vor dem Leben und der Würde des Menschen. Wenn wir erkennen, dass Gott die Welt geschaffen hat, nehmen wir auch eine objektive moralische Ordnung wahr, in der ein umweltbezogener ethischer Kodex deutlich erkennbar ist. In dieser Hinsicht ist es die besondere Aufgabe der Christen wie auch aller anderen Gläubigen, zur Verkündigung sittlicher Werte beizutragen und in den Menschen ein ökologisches Bewusstsein zu wecken, was nichts anderes ist, als die Verantwortung gegenüber sich selbst, den anderen Menschen und der Schöpfung. Erforderlich ist unsererseits ein Akt der Reue und der neuerliche Versuch, uns selbst, die anderen und die uns umgebende Welt aus der Perspektive des göttlichen Schöpfungsplans zu sehen. Das Problem ist nicht lediglich wirtschaftlicher und technologischer, sondern auch moralischer und spiritueller Art. Eine Lösung auf wirtschaftlicher und technologischer Ebene kann nur dann gefunden werden, wenn wir uns auf radikale Weise einer inneren Wandlung unterziehen, die zur Veränderung unseres Lebensstils und eines untragbaren Konsum- und Produktionssystems führen kann. Eine wahre Erneuerung in Christus wird uns ermöglichen, unsere Denk- und Handlungsweise zu ändern.
Erstens müssen wir zu Demut und Bescheidenheit zurückfinden und die Grenzen unserer Macht, vor allem die Grenzen unseres Wissens und Urteilsvermögens, erkennen. Wir haben Entscheidungen getroffen, Maßnahmen ergriffen und Werte festgesetzt, die uns von der Welt, so wie sie sein sollte, vom Schöpfungsplan Gottes und von all dem entfernen, was für einen gesunden Planeten und eine gesunde menschliche Gemeinschaft von wesentlicher Bedeutung ist. Wir brauchen einen neuen Ansatz und eine neue Kultur, die von der zentralen Rolle der menschlichen Person in der Schöpfungsordnung ausgehen und von einem umweltbewussten ethischen Verhalten beseelt sind, das auf unserer dreifachen Beziehung zu Gott, zu uns selbst und zur Schöpfung gründet. Eine solche Ethik fördert unsere wechselseitige Abhängigkeit und hebt die Grundsätze universaler Solidarität, sozialer Gerechtigkeit und Verantwortung hervor, um eine wahre Kultur des Lebens zu fördern.
Zweitens müssen wir offen eingestehen, dass die Menschheit für etwas Besseres ausersehen ist als für das, was wir um uns herum sehen. Wir, und noch mehr unsere Kinder und die zukünftigen Generationen, haben Anspruch auf eine bessere Welt, eine Welt ohne Verfall und Entartung, ohne Gewalt und Blutvergießen, eine Welt voll Hochherzigkeit und Liebe.
Drittens, im Wissen um den Wert des Gebets bitten wir Gott, den Schöpfer, inständig, er möge die Menschen in aller Welt erleuchten, damit ihnen ihre Pflicht bewusst werde, die Schöpfung zu achten und zu bewahren.
Daher fordern wir alle Menschen guten Willens auf, die Bedeutung folgender ethischer Ziele zu erwägen:
- Wir müssen an die Kinder dieser Welt denken, wenn wir die Möglichkeiten unseres Handelns bedenken und erwägen.
- Wir müssen bereit sein, jene wahren auf dem Naturgesetz gründenden Werte zu vertiefen, die jede menschliche Kultur stützen.
- Wissenschaft und Technologie müssen auf umfassende und konstruktive Weise eingesetzt werden, und wir sollten berücksichtigen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse stets im Licht der zentralen Stellung der menschlichen Person, des Gemeinwohls und der inneren Bestimmung der Schöpfung beurteilt werden müssen. Mit Hilfe der Wissenschaft können wir die Fehler der Vergangenheit berichtigen, um das spirituelle und materielle Wohl der gegenwärtigen und zukünftigen Generationen zu fördern. Es ist die Liebe zu unseren Kindern, die uns den Weg in die Zukunft weisen wird.
- Wir müssen Bescheidenheit üben im Hinblick auf Besitz und Eigentum sowie Offenheit gegenüber den Anforderungen der Solidarität. Unsere Sterblichkeit und die Schwäche unseres Urteilsvermögens warnen uns vor unwiderruflichen Aktionen im Hinblick auf das, was wir während unseres kurzen Aufenthalts auf Erden als unser Eigentum ansehen. Uns ist keine grenzenlose Macht über die Schöpfung gegeben, wir sind lediglich die Verwalter eines gemeinsamen Erbes.
- Wir müssen bereit sein, die verschiedenen Situationen und Verantwortlichkeiten bei unserer Arbeit zum Erhalt der Umwelt weltweit anzuerkennen. Wir erwarten nicht, dass alle Menschen und Institutionen gleiche Belastungen und Verantwortungen übernehmen. Alle müssen teilhaben, aber um den Anforderungen von Gerechtigkeit und Liebe zu entsprechen, müssen die reicheren Gesellschaften die größere Last auf sich nehmen; von ihnen wird ein größeres Opfer verlangt, als die Armen zu geben fähig sind. Religionen, Regierungen und Institutionen sind mit vielen verschiedenen Situationen konfrontiert, aber auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips können alle einige Aufgaben und einen gewissen Teil der gemeinsamen Bemühungen übernehmen.
- Gefördert werden müssen friedliche Bemühungen, um die unterschiedlichen Sichtweisen aufeinander abzustimmen, wie auf dieser Erde gelebt, wie sie aufgeteilt und genutzt werden muss, was verändert werden und was unverändert bleiben sollte. Es ist nicht unsere Absicht, Auseinandersetzungen über das Umweltproblem auszuweichen, denn wir vertrauen auf die Fähigkeiten der menschlichen Vernunft und den Weg des Dialogs, um eine Einigung zu erzielen. Wir verpflichten uns, auch die Meinung all jener zu achten, die nicht mit uns übereinstimmen, sowie durch offenen Austausch nach Lösungen zu suchen, ohne von Unterdrückung und Vorherrschaft Gebrauch zu machen.
Noch ist es nicht zu spät. Gottes Welt verfügt über unglaubliche Heilkräfte. Eine einzige Generation reicht aus, um die Erde auf die Zukunft unserer Kinder hinzulenken. Möge diese Generation mit Gottes Hilfe und Segen nun beginnen.